DIE CHRONIK DER HAUPTSCHULE Nr. 23 IN OLIVA - BIS ZUM JAHR 1945 >>>

  Schon sehr lange her, bestimmt im XVII und XVIII Jahrhundert, gab es in Danzig sogenannte Klosterschulen, die von Dominikaner, Franziskaner und Karmeliter geführt wurden. Diese Schulen wurden gegliedert in interne Schulen (Interiores), die sich im Bereich des Kloster befanden, und externe Schulen (Exteriores), die außerhalb des Kloster lagen. Die internen Schulen waren nur für die Mönche und die Externen nur für Laien.

Im nahgelegenen Oliva gab es ähnliche Klosterschulen, die von Zisterzienser-Mönchen geführt wurde. Sie waren auch die gleichzeitige Ausgrenzung zwischen den Noviziat und den Laien. Schon in im Jahre 1592 war die Zisterzienser-Schule für Laien auf dem zisterziensen Grundstück gebaut worden. Sie befand sich am Fuße des Karlsberg und gegenüber der St. Jacobus Pfarrerkirche. Diese Schule haben Kinder von Edelleuten und reichen Bürgern der Stadt Danzig und aus der Umgebung besucht. Waren es die junge Einwohner der Höfen an der Pelonker Straße?

Ende des XVIII Jahrhundert verzeichnete sich der langsame Niedergang der zisterzienser Klöster. Die Kriege der napoleonischen Zeiten im Jahre 1807-1814 haben die Klosterorden ruiniert. Im Olivschen Abt wurde ein Kriegslazaret errichtet, erst ein Französisches und später dann ein Russisches. Von da an funktionierte die Zisterzienser-Schule nicht mehr. Im Jahre 1831 wurde der Abt aufgelöst. Die Güter des Abtes wurden aufgeteilt: ein großen Teil ist vom Staat übernommen worden, der restliche Teil ist an örtlichen evangelischen und katholischen Pfarrereien zugeteilt worden.

Im Jahre 1823, auf der Stelle der alten, katholischen Schule, wurde eine evangelische Volksschule, später Hauptschule, gegründet. Diese Schule hat bis zum Januar 1945 funktioniert. Das jetzige Schulgebäude, die am Saltzmann Str. 7 (Opacka Str. 7) liegt, stammt aus dem Jahre 1904 und neuer Schulgebäudeflügel aus dem Jahre 1930.

Die Marmortafel, die während des Umbaus in der Volksschule, im Keller gefunden wurde Im Jahre 1911 gründete man in Oliva in der Klosterstr. 13 (Cystersów Str. 13) eine zweite Schule, die katholische Volksschule. Da die beiden Schulen andere Außenmauerfarben hatten, fing man sie unterschiedlich an zu bezeichnen. Die Schule, deren Außenmauer aus roten Klinker war, nennt man "rote Schule" und die Andere, aus weißem Klinker erbaut, - weiße Schule und sie war katholisch. Ein paar Jahre später gründete man ein Gymnasium, das bis heute am Pelonker Str. 130 (Polanki Str. 130) als V Lyzeum funktioniert.

Im Jahre 2000 (?), während der Bauarbeiten, fand man im Schulkeller eine Marmortafel. Die Aufschrift hat uns informiert, daß im Jahre 1888 die Saltzmann Familie an dieser Stelle eine Trinkwasserleitung gestiftet hat. Es ist zu vermuten, daß sich die Wasserquelle auf dem Schulgelände oder am naheliegenden Grundstück befand.

Weil die Schulchronik aus dem Jahre 1904-45 fehlt,wird die Schulgeschichte auf Basis von Erinnerungen alter Schulabsolventen, aus gefundenen Zeitzeugnissen, Fotos und Akten rekonstruiert.

Der Schulleiter, damals Rektor genannt, wurde in den Vorkriegszeiten vom Amt des Danziger Staates als Rektor ernannt und besaß den Status eines höheren Beamten. Im Buch "Danziger Beamten Jahrbuch 1927-39" und im "Danziger Einwohnerbuch 1942" kann man folgende Rektoren der evangelischen Volksschule in Oliva (seit 1939 bis 1945 eine Mädchenschule) finden:

Rektor Konrektor
Gustav Fromm 1927 - 1934 Gustav Modersitzki
nach dem 1939 unter geänderten Namen Gustav Moderau
1931-1939
und 1942 (mit der Unterbrechung während des Kriegsdienstes)
Walter Helbing 1935 - 1937
Erich Gabriel 1938 - 1942
Herr Müller )* 1943 - 1944
  Die Information hat Herr Peter Backhaus aus Hamburg gesammelt und zur Verfügung gestellt.
  )* - ergänzt auf der Basis von Erinnerungen unseres Schulabsolventen Herrn Heinz Stillwachs aus dem Schwabenländle.

Rektor Gustav Fromm mit Ehefrau Hildegard, auch die Lehrerin, hat am Karlsberg Str. 6 gewohnt. Die Rektoren Herren Walter Helbing und Erich Gabriel haben die Dienstzimmer in der Volksschule benutzt.
Stellvertreter des Rektors Herr Gustav Modersitzki war der Oberturnlehrer, Hausmeister war Herr Reinhold Papin. In der weißen Schule im Jahre 1942 war Rektor Herr Jakob Krieter und Hausmeister Herr Johann Gollan.

Die Kinder der 5-ten Klasse (Jahrgang 1936) der evangelischen Volksschule in Oliva und deren Schullehrer Herr Gustav Modersitzki Die Schülerinnen der 8-te Klasse (Jahrgang 1940) der Volksschule (Mädchen) in Oliva und  deren Schullehrer Herr Kornell Bis zum Jahr 1945 ist in der Volksschule der 8-jährige Klassenzyklus eingeführt worden. Jüngere Klassen waren gemischt und Ältere auf die Klassen für Jungen und Mädchen unterteilt worden. Seit dem Jahre 1939 ist die rote Schule als Mädchenschule bekannt. Hier sind auch alle Mädchen aus der weißen Schule unterstellt. Die weiße Schule funktioniert seit dem als die Schule für die Jungen. Beide Schulen haben zusammengearbeitet. Doch ein Teil der jüngeren Klassen hatte den Schulunterricht in den Räumen des olivianischem Kloster. Es waren die Räume in der Klosterstrasse 15.

Schulzeugnis der Volksschule (Mädchen) in Oliva aus dem Jahre 1940 - erste Seite Schulzeugnis der Volksschule (Mädchen) in Oliva aus dem Jahre 1940 - zweite Seite Schulzeugnis der Volksschule (Mädchen) in Oliva aus dem Jahre 1940 - dritte Seite Es war eine 6-stufige Bewertung
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  5. mangelhaft
  6. ungenügend

Herr Heinz Stillwachs, der Absolvent der roten Schule, hat im von 1941-48 die Schule besucht. Er schreibt uns einige seiner Erinnerungen:

Kinder der Klasse IIIc Jahrgang 1943 mit der Klassenlehrerin Frau Kulling. Kol. Heinz Stillwachs ist mit auf dem Foto und steht in der letzten Reihe links.     "Ich bin 1934 geboren. Bis zum Jahr 1958 habe ich in der Humboltstrasse (heute ulica Slowianska) gewohnt. Im Jahre 1941 fing ich den Schulunterricht in der roten Schule an. Ich habe die erste und zweite Klasse dieser Schule besucht. Der Schulrektor war Herr Müller, unsere Klassenlehrerin war Frau Burdin. Die dritte Klasse befand sich im Gebäude der Olivianischen Kathedrale und dort war die Klassenlehrerin Frau Kulling.

Dann, der Unterricht der vierten Klasse, fand wieder in der roten Schule statt. An den Namen des Klassenlehrers kann mich nicht mehr erinnern weil er kurz danach zum Militär einberufen wurde. Die Vertretung des Klassenlehrers hat Frau Horn ubernommen und sie hat gleich zwei Klassen betreut.

Kurz nach Weihnachten im 1944, im Januar 1945, standen wir Schulkinder vor der geschlossenen Schule. Es dauerte nich lange und zu uns kam aus seinem Dienstzimmer der Schulrektor Herr Müller. Er hat ganz kurz zu uns mit Trennen in Augen gesagt:

"Kinder geht nach Hause und kommt nach dem Krieg wieder".
Normalweise solten wir laut "Hurra" schreien weil der Schulunterricht ausblieb. Aber damals herrschte eine trübe Ruhe. Ich denke, daß wir uns alle über die dramatische Lage bewußt waren.

Ende 1945 oder Anfang des 1946 hat meine Mutter mich wieder in der roten Schule registriert. Der Schulleiter, den Name weiß ich nicht mehr, war ein Pole. Er hatte Probleme meinen Name Heinz auszusprechen. Er hat mich ganz einfach als Jan (Johann) umbenannt und so habe ich diesen Vorname bis zur Ausreise nach Deutschland gehabt.

Ich kam in die fünfte Klasse, diesmal zur weißen Schule. Weil ich erhebliche Probleme mit der polnischen Sprache hatte, mußte ich diese Klasse noch einmal wiederholen. Dannach hatte ich die sechste und siebte Klasse ohne Probleme geschafft.

In meiner Erinnerung sind zwei Namen der Lehrer geblieben. In der sechsten Klasse der Name von Herrn Kosztaluk. Er war gleichzeitig der Stellvertreter des Schulleiters. Ein anderer Name, den ich aus der siebten Klasse sehr gut erinnere, ist Frau Szalla. An die Namen von den Schulkameraden kann ich mich nicht mehr erinnern."

Heinz Stillwachs, Januar 2003 (aus dem Briefverkehr mit Herrn Bogdan Golunski)

Am 11. August dieses Jahres Kol. Gunther Hagemann, ehemaliger Schüler der "Roten Schule", an Bogdan Golunski (Hamburg) folgendes geschrieben hat:

Haupteingangstür der 'Roten Schule' - Zustand von 1991, fotografiert von Gunther Hagemann Das Klassenfoto der 3. Klasse 1944 (Geburtsjahrgänge 1935/1936). Gunther Hagemann ist in der 2. Reihe von oben in der Mitte (weißes Hemd, dunkle Hosenträger, leicht nach unten gesenktes Gesicht) zu finden. Die Dame oben rechts ist die Lehrerin, nach Gunther's Erinnerung
hieß sie Erdmann (Vorname unbekannt). Hallo, ich hoffe, es bereitet Ihnen keine Schwierigkeiten, wenn ich in deutsch schreibe.

Ich bin 1935 in Danzig geboren und habe von 1942 bis 1945 die Schule in Oliva besucht (damals hieß das noch Volksschule). Wir wohnten Am Wächterberg 20 (heute Ul.Podhalnska 20). Schade, dass ich von dem 100-jährigen Jubiläum der Schule erst jetzt etwas im Internet entdeckt habe. Ich wäre gern dabei gewesen. Aber ich denke, dass die Jubiläumsfeier schon vorbei ist.

Ein paar Fotos habe ich noch, insbesondere das von der Haupttür, durch die ich wer weiß wie oft (und nach mir noch viele mehr) gegangen bin. Mit großem Erstaunen habe ich 1991, als ich anlässlich eines Besuchs in Danzig mir auch mal meine alte Schule ansah, festgestellt, dass sich am Zustand der Tür seither nichts geändert hat. Ich habe auch noch ein Foto, das meine Klasse im Jahr 1944 wiedergibt; es ist der nächst jüngere Jahrgang der Klasse, die auf der Homepage zu sehen ist. Am Bildaufbau ist zu erkennen, dass beide Fotos am selben Tag vom selben Fotografen gemacht wurden. Unsere letzte Lehrerin hieß Erdmann. Ich habe ihren Namen in der Liste der Lehrer bis 1945 nicht finden können.

Der Internet-Auftritt der Schule ist verdammt gut und interessant gestaltet. Ich werde die Sites mit Sicherheit noch mehrfach besuchen.Wenn Sie Gelegenheit haben, grüßen Sie bitte meine alte Schule - vielleicht ist es ja sogar unsere gemeinsame (?)!

Mit freundlichen Grüßen - Gunther Hagemann      

Schlittenfahrt in der Karwieñska Str (Strauchmühler Weg) in Oliva  aus den 20gern des letzten Jahrhunderts. Die Echos der Vergangenheit kann man aus den Erinnerungen von anderen Schulabsolventen entnehmen. Gegenwärtig arbeitet Herr Pêkala als Fremdenführer:

... Die Welt ist sehr klein. Im Jahre 1985 fuhr eine Touristengruppe aus Deutschland in die Nähe der roten Schule und ich habe sie informiert, daß ich diese Schule besucht habe. Plötzlich hat jemand aus der Gruppe ganz laut geschrien: "Das ist auch meine Schule, ich habe sie auch besucht." Dazu meinte ein Anderer aus der Gruppe der Touristen : "Nein, das ist meine Schule". Eine andere Frau hat mit gebrochenen Polnisch gesagt: "Jo, dann sind wir doch Schulkameraden" und dann hörte man von allen Seiten im Reisebus viele laute Erinnerungen. Die so entstandene Wärme und Sympathie zwischen den Reisenden, die von allen Gesichten strahlten, hat uns überzeugt, daß wir die Schulabsolventen öfter in der roten Schule treffen müssen...

Leszek Pêkala, Oktober 2000, Eintragung aus der Schulchronik.

Die Informationen haben uns folgende Personen zur Verfügung gestellt: Herr Peter Backhaus aus Hamburg und die damalige Oliviansche: Frau Annemarie Hartrampf-Gaber aus Darmstadt, Herr Heinz Stillwachs aus dem Schwabenländle, Herr Lothar Bach aus Bröckel  und Herr Gunther Hagemann aus Münster (alle aus Deutschland stammend).
Alle Informationen hat Herr Bogdan Golunski aus Hamburg gesammelt und ins Polnische übersetzt.

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